Freiheitsstrafe





  Die Freiheitsstrafe ist umgangssprachlich eigentlich die Gefängnisstrafe, die aber 1970 in   
  Freiheitsstrafe umgetauft wurde. Verhängt wird die Freiheitsstrafe, wenn man eine relativ 
  schwere Straftat begangen hat; man wird dann für eine gewisse Zeit in ein Gefängnis gesperrt.  


  Diese Zeit kann, je nach Schwere der Straftat, von einem Monat bis lebenslänglich dauern. 
  Wobei" lebenslänglich" nicht zwangsläufig "bis zum Lebensende" bedeutet, denn ein    
  lebenslänglich Verurteilter kann nach 15 Jahren beantragen, auf Bewährung freigelassen zu   
  werden.
 

  Aber nicht nur die lebenslange, sondern jeder verhängte Freiheitsstrafe kann zur Bewährung  
  ausgesprochen werden. Das bedeutet, dass man in der Bewährungszeit nicht mehr auffallen darf,
  denn sonst geht man ein hohes Risiko ein, doch noch ins Gefängnis zu müssen.

  Sinnvoll oder Relikt aus grauer Vorzeit?

  Wenn man sich als Durchschnittsbürger vorstellt, Menschen die Freiheit zu nehmen und
  einzusperren, kommt das einem schon etwas barbarisch vor. Deshalb stellt sich die Frage, ob die  
  Gefängnisstrafe noch zeitgemäß ist oder ob man in einer liberalen, demokratischen Gesellschaft  
  langsam mal überlegen sollte, die Freiheitsstrafe abzuschaffen.

  Besonders diskutiert werden soll hier der Aspekt der Strafe. Die Bevölkerung vor   
  Wiederholungstätern zu schützen ist eine andere Sache, aber ist das Gefängnis als Strafe  
  wirklich sinnvoll? Kann man erwachsene Menschen damit erziehen? Was spricht für die  
  Freiheitsstrafe und was dagegen?


Üb. 1. Entscheide zuerst, ob du dafür oder dagegen bist und mach deine eigene Liste. Dann sieh die gegebene Liste an und diskutiere deinen Standpunkt mit einem Partner.

Freiheitsstrafe
pro
contra

1. Wenn ein Straftäter ins Gefängnis muss, ist das eine Wohltat für das Gerechtigkeitsempfinden von anderen Menschen:

A) Von Angehörigen des Opfers
Wenn eine Person, die man selbst kennt, getötet, zusammengeschlagen oder vergewaltigt wird, dann wünscht man dem Täter selbst den Tod. Wo soll man sonst mit seinen Aggressionen hin? Der Täter ist der Schuldige und muss dafür büßen - das ist nur gerecht!

B) Von der normalen Bevölkerung
Wenn man sich ständig an alle Regeln hält und sieht, dass da Kriminelle sind, die einfach tun, was sie wollen, dann kann es nicht in Ordnung sein, wenn diejenigen nicht bestraft werden. Denn sonst müsste man sich ja selbst nicht so anstrengen und könnte auch einfach tun, was man will. Es ist also nur gerecht, wenn Kriminelle eine Freiheitsstrafe bekommen.

2. Wer so kriminelle Dinge tut, dass er ins Gefängnis muss, der muss weggesperrt werden, damit die Bevölkerung vor ihm geschützt wird.
Denn, wer einmal so eine schlimme Straftat begeht, der wird dies auch immer wieder tun. Wer seine Frau einmal schlägt, der schlägt sie immer wieder. Wer einmal eine Tankstelle überfällt, der schreckt auch vor anderen Überfällen nicht zurück.

3. Wer eine Gefängnisstrafe absitzen muss, hat viel Zeit, über seine Straftaten nachzudenken und Reue zu entwickeln.
Das bedeutet, dass man nach der Haftstrafe einen Neuanfang starten kann - und zwar diesmal ohne kriminelle Handlungen.

1. Wie der Fall von *Gustl Mollath zeigt, werden manchmal Unschuldige weggesperrt, nur um sie aus dem Weg zu räumen. Eine solche Macht über Menschen zu haben, führt zwangsläufig zu Missbrauch. Denn auch Richter und Staatsanwälte sind nur Menschen, die beeinflussbar, käuflich sein oder hintergangen werden können.

2. Im Gefängnis herrscht Gewalt. Kriminelle aus allen Richtungen kommen zusammen und ordnen sich der Hierarchie unter, der Stärkste regiert und der Schwächste leidet. Wer im Knast sitzt, kommt mit Gewalt in Berührung. Dass dies keine Voraussetzungen sind, sich zu bessern, liegt auf der Hand: Täglich muss man seinen Stand in der Hierarchie verteidigen, muss mit Überfällen rechnen und auch mal zuschlagen, wenn man nicht gänzlich untergehen will. So werden aus vielleicht friedlichen Menschen gewaltbereite Menschen herangezogen, die lernen, mit den Fäusten Recht zu sprechen.
Wo soll da bitteschön ein Unrechtsbewusstsein entstehen? Wie soll man unter solchen Umständen eine Resozialisierung erreichen können? Die Haftstrafe macht die Situationen der Menschen noch schlimmer!

3. „Es ist leicht, einen Straftäter wegzusperren. Viel schwerer ist es hingegen, zu ergründen, warum dieser Mensch straffällig geworden ist. Und noch schwerer ist es, die zugrunde liegenden, familiären oder gesellschaftlichen Probleme zu lösen.
Deshalb macht es sich der Staat leicht, indem er die Symptome der krankenden Gesellschaft entfernt, indem er Straftäter wegsperrt. Aber die Ursachen werden ignoriert.
Kann es nicht sein, dass Überfälle umso mehr zunehmen, desto weniger Geld die Menschen verdienen? Kann es nicht sein, dass die Einkommen so unfair verteilt sind, dass in Armut lebende Menschen keinen anderen Ausweg mehr sehen?
Ist es nicht möglich, dass Familienväter mit ihrer Situation überfordert sind, weil der Staat sie im Stich lässt? Und könnte es sein, dass er deshalb seine Kinder schlägt, die später zu gewaltbereiten Schlägern werden?
Es gibt genügend Beispiele, eigentlich steckt hinter jeder Straftat ein tiefgreifendes gesellschaftliches Problem. Und somit könnte jede Straftat verhindert werden - sogar zukünftige Straftaten - wenn die gesellschaftlichen Probleme behoben werden. Aber da traut sich die Politik nicht ran: zu mächtig sind die Reichen, zu gering ist der Lohn der 4-jährigen Regierungszeit.
Die Haftstrafe wird deshalb weiterhin der Ausdruck einer Symptombekämpfung sein, unter dem diejenigen leiden, die aus der Reihe tanzen. Damit kann man Aktionismus zeigen - dass man etwas unternimmt. Und die Menschen sind zufrieden, weil ihre Rachegelüste befriedigt werden. Die wahren Probleme aber bleiben und werden für immer für weiteren Nachschub in diesen unheiligen Kreislauf sorgen. Zivilisiert wäre die Abschaffung der Freiheitsstrafe allemal.“

4. Natürlich leidet unter einem Freiheitsentzug nicht nur der Gefangene selbst, sondern ebenso seine Familie. Wenn die Freunde oder Nachbarn erfahren, mit "was" sie sich da jahrelang abgegeben haben, werden sich viele von denen zurückziehen.
Aber auch die gesamte Familie wird in der städtischen oder Dorfgemeinschaft schief angesehen oder gar verstoßen. Man zerreißt sich das Maul über die Frau, die Kinder werden in der Schule gemobbt und die Eltern als Unfähig hingestellt.
So eine Freiheitsstrafe hat also noch ganz andere Auswirkungen, als nur dem "Übeltäter" zu schaden - sie schadet auch Unbeteiligten ganz enorm. Und dass daran ganze Familien zerbrechen, liegt auch auf der Hand. Es ist sogar vorstellbar, dass die einzelnen Familienmitglieder selbst straffällig werden, weil sie mit der Situation nicht klarkommen.

5. Wer im Gefängnis sitzt, gehört nicht mehr zu der Gemeinschaft, aus der er kommt. Die Familie verstößt einen oft und man bekommt keine richtige Arbeit mehr etc. Man fühlt sich dementsprechend ausgestoßen und nicht mehr dazu gehörig - eben wie der Abschaum der Gesellschaft. Und daraus entstehen wiederum neue Probleme, von denen erneute Verbrechen nur eines ist.

6. Jeder Mensch hat Grundrechte. Nur, weil man hinter Gittern sitzt, gehen nicht plötzlich alle Rechte verloren. Das vergessen Viele. Im Gefängnis muss man tagtäglich Angst haben, geschlagen oder gefoltert zu werden, sexuell oder psychisch vergewaltigt zu werden. Das ist kein menschenwürdiges Leben.

7. Ein Tag im Gefängnis kostet für jeden Gefangenen rund 93 Euro im Bundesdurchschnitt. Bei 68.000 Gefangenen kommt man dann auf Summen von rund 6,3 Millionen Euro jeden Tag. Dazu kommen noch Kosten für die Instandhaltung der Gebäude, die Bezahlung der Strafvollzugsbeamten, die Bezahlung von Psychologen, Ärzten oder anderen Beteiligten.




Lebenslänglich im Knast



Übung 2.

Schreibe für jeden Punkt aus der Tabelle eine passende Überschrift.

Pro:
Beispiel: 1. Befriedigung von Rachegelüsten


2. …………………………………………………………………………
3. …………………………………………………………………………

Contra:
1. …………………………………………………………………………
2. ………………………………………………………………………...
3. …………………………………………………………………………

4. …………………………………………………………………………
5. …………………………………………………………………………
6. …………………………………………………………………………
7. …………………………………………………………………………


           * über Gustl Mollath:

             https://www.faz.net/der-fall-gustl-mollath-zwischen-den-wahrheiten-11986840.html

                    
                     
                        *Die Beiträge sind oft polemisch und spiegeln NICHT die Meinung der Autorin des Blogs.

             PDF Arbeitsblatt + Antworten hier



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen