Literaturnobelpreis 2020

Literaturnobelpreis 2020 geht an US-Lyrikerin Louise Glück

 


 

Bücher von Louise Glück wurden am Rande der Nobelpreis-Bekanntgabe ausgestellt

 

Überraschend zeichnet die Schwedische Akademie Louise Glück mit dem Literaturnobelpreis aus. Geehrt wird sie für ihre "unverkennbare poetische Stimme".

 

 

Dass es in diesem Jahr eine Frau werden würde, damit hatte man gerechnet, auch damit, dass nach dem Österreicher Peter Handke (2019) und der Polin Olga Tokarczuk (rückwirkend für 2018) keine Literatin aus Europa ausgezeichnet werden würde. Den Namen der amerikanischen Poetin Louise Glück aber hatte keiner der Experten auf der Liste der favorisierten Nobelpreis-Kandidaten und -Kandidatinnen.

 

 

Louise Glücks Werk zeichne sich durch ihre unverkennbare poetische Stimme aus, begründete das Komitee seine Wahl. Zwölf Lyrikbände und einige Bände mit Essays zur Poesie hat die 1943 in New York geborene Universitätsprofessorin veröffentlicht. Schon ihr Debüt "Firstborn" machte sie kurz nach seinem Erscheinen 1968 zu einer der bedeutendsten Lyrikerinnen der zeitgenössischen amerikanischen Literatur. Auf Deutsch liegen nur zwei Bände mit ihren Gedichten vor, die aber hervorragend übersetzt von der Lyrikerin, Romanautorin und Essayistin Ulrike Draesner.

 

 

Klarheit, Humor und strenge Intelligenz in Glücks Lyrik

 

Ihre Dichtung strebe immer nach Klarheit, sagte Akademiesekretär Mats Malm bei der Verkündung. Thematisch steht die Betrachtung der Natur, der Mensch zwischen Liebe, Leben und Tod im Zentrum ihrer Arbeit. Es handelt sich um Gedichte, in denen die Autorin Träumen und deren Desillusionierung nachspürt. Inspiriert werde sie bei ihrer Suche nach der Wahrheit hinter den Illusionen von Mythen und klassischen Motiven, den Stimmen von Dido, Persephone und Eurydike - der Verlassenen, der Gestraften und der Betrogenen. Diese mythischen Figuren dienten als Masken für ein sich ständig wandelndes Ich, machten den Ausdruck von Gedanken und Gefühlen so persönlich wie universell gültig.

 

 

Glücks Werk zeichnet sich durch eine strenge Intelligenz aus, erkennbar ist aber auch immer wieder ihr Humor, wenn sie zum Beispiel mythologische Figuren in einfacher Alltagssprache streiten lässt. "In ihrer Lyrik begegnet man Bildern schmerzhafter familiärer Beziehungen von einer fast brutalen Direktheit. Ihre Sprache ist offen und kompromisslos, ohne eine Spur von poetischer Schnörkelhaftigkeit", sagte Anders Olsson, der Sprecher des Nobel-Komitees für Literatur. Das Komitee würdigt besonders ihre "meisterhafte" Gedichtsammlung "Averno" von 2006, die "eine visionäre Interpretation des Mythos von Persephones Abstieg in die Hölle als Gefangene von Hades, dem Gott des Todes", sei.

 

 

In den USA hochdekoriert, in Deutschland vergriffen

 

Die "größte amerikanische Lyrikerin der Gegenwart", so ihr deutscher Verlag beim Erscheinen des Gedichtbands "Averno" 2007, hat alle bedeutenden amerikanischen Literaturpreise erhalten, mit denen man ausgezeichnet werden kann, darunter 1993 den Pulitzer Preis und 2014 den wichtigsten US-Literaturpreis National Book Award. Inzwischen ist weder "Averno" noch "Wilde Iris" (deutsch 2008) im Verlagsprogramm von Luchterhand zu finden. Die Bücher seien vergriffen, ließ der Luchterhand Literaturverlag durch seinen Sprecher Karsten Rösel wissen. "Wir sind gerade dabei, die Rechte neu zu verhandeln." Natürlich sei man überrascht und erfreut.

 

 

Die 77-Jährige ist Professorin für Englisch an der renommierten Yale Universität in New Haven, Connecticut. Sie gilt als zurückhaltend. 2003, als sie "US Poet Laureate", Dichterin des Jahres, wurde, erklärte sie gegenüber dem Boston Globe: "Ich finde keinen Geschmack an einem öffentlichen Leben... Ich habe nicht geglaubt, dass ich zu der Sorte Menschen gehöre, die man jemals in Betracht ziehen würde." Zu ihrem Nobelpreis hat sie sich zunächst nicht geäußert. Doch einige ihrer Verse sind ins amerikanische kulturelle Gedächtnis eingegangen, darunter auch ein Auszug aus dem Gedicht "The Seven Ages": "Wir respektieren, hier in Amerika / was konkret ist, sichtbar. Wir fragen / wozu dient es?" ("We respect, here in America / what is concrete, visible. We ask/ What is it for?")

 

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